Freitag, 15. Mai 2009

Porsche vor Aldi und Esel vor Marjane

Aldi, als ein marktführender Discounter, hat es in Deutschland geschafft, fast alle Zielgruppen zu gewinnen. Das Image eines billigen Einzelhändlers hat sich mit der Zeit zu einem positiven Image entwickelt. Trotz niedriger Preise befinden sich im Aldi-Sortiment viele Produkte mit höherer Qualität. Deshalb sind heute auf den Parkplätzen von Aldi große, schöne und attraktive Markenautos zu finden, deren Inhaber bei Aldi einkaufen gehen.
Das gleiche gilt auch für die Supermarktkette Merjane in Marokko. Die Parkplätze waren bis Anfang 2000 nur mit Autos von reichen und ausländischen Mitbürgern gefüllt, die dort ihre Einkäufe erledigt haben. Dort ist es modern, cool und sauber. Heute hat eine neue Zielgruppe diese moderne Welt entdeckt: Man geht mit seinem Esel einkaufen.
Auf dem Parkplatz kann man schon extreme Unterschiede sehen. Das gleiche auch an der Kasse bei der Zahlung. Weil viele keinen Esel mehr zu Hause haben, wurden dann für diese Zielgruppe, die mobil beschränkt ist, öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung gestellt. Man fährt mit dem Bus einkaufen: Ein schöner Ausflug für die Familie am Wochenende zwischen den Regalen. Nicht alle, die bei Marjane einkaufen gehen, sind nicht mobil. Viele junge Marokkaner können sich heute ein Auto leisten und deshalb können sie ihre Einkäufe nicht nur in der Stadt, aber auch außerhalb tätigen, wo alle großen Einzelhandelsmarken und Shoppingcenter angesiedelt sind.
Diese Entwicklung des Kaufverhaltens der Marokkaner geht weiter. Trotz der Einführung von kleinen Läden, wie Hanouty (http://www.hanouty.ma/home.php), als gute Alternative zu den alten Tante-Emma-Läden (Bakal dyal Derb), ist ein Besuch mit der Familie zu Marjane ein Muss geworden. Bis heute bietet Marjan eine Erlebniswelt für viele Familien. Das Konzept von Marjene lautet: unsere Kunden sollen sich wie zu Hause fühlen.
Ein Besuch zu Marjane zeigt leider ein anderes Bild. Die Zahl der Security-Leute ist sehr groß. Sie stellen sich in den Eingangsbereich und vor die Kassen. Bevor man Marjane eintritt, muss man seine Tasche, auch wenn sie noch so klein ist, bei der Rezeption abgeben. Das Bild zeigt, dass die Betreiber kein Vertrauen in ihre Kunden haben. Wie kann man aber eine Kundenbindung aufbauen, wenn kein Vertrauen da ist? Das gilt auch für die Marke Zara in Casablanca. Die Anzahl der Sicherheitsleute ist größer als die der Verkäuferinnen und Verkäufer. Man argumentiert damit, dass es viele Diebstähle im Geschäft gibt. Das Einkauferlebnis wird aber durch diese Anzahl an großen kräftigen Männern gestört und die Lust einkaufen zu gehen, ist bei manchen Kunden schon lange gemindert. Trotzdem wird weiter verkauft und hohe Umsätze erzielt.
Leider wird sich das Bild bald ändern. Neue Einzelhandelsunternehmen wie Carrefour sind dabei, den einheimischen Marken Konkurrenz zu bieten und die Einzelhandellsandschaft in Marokko neu zu ordnen. Die Marokkaner werden sich sehr freuen, endlich ist das Monopol von ONA und ihren Marken zu Ende.
Um ein ähnliches Bild wie in Europa zu fertigen, brauchen die Marokkaner einen Discounter, der sich traut, billig, aber auch kundenorientiert zu verkaufen. Mehr als die Hälfte der Marokkaner haben ein begrenztes Einkommen und können sich nicht vieles leisten. Ein Discounter wie Aldi würde Geschichte schreiben.

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